A Girl Walks Home Alone at Night (2014)
- Regie und Drehbuch: Ana Lily Amirpour
- Hauptdarsteller: Sheila Vand, Arash Marandi, Marshall Manesh, Mozhan Marnò
- Laufzeit: 101 Minuten
- Genre: Vampirfilm, Horror, Drama, Neo-Noir
- Sprache: Persisch (mit englischen Untertiteln)
Handlung
„A Girl Walks Home Alone at Night“ spielt in der fiktiven iranischen Geisterstadt „Bad City“, die von Kriminalität, Prostitution und Einsamkeit geprägt ist. In dieser düsteren Umgebung taucht eine mysteriöse junge Frau (Sheila Vand) auf, die nachts durch die Straßen streift. Sie ist ein Vampir, der sich von Menschen ernährt, die ihrer Ansicht nach moralisch korrupt sind, wie Drogendealer oder brutale Männer.
Die Handlung konzentriert sich auf die Beziehung zwischen der Vampirin und Arash (Arash Marandi), einem jungen Mann, der mit seinem drogenabhängigen Vater zusammenlebt und versucht, seinem trostlosen Leben zu entkommen. Arash begegnet der Vampirin zufällig, nachdem er von einer Party weggelaufen ist. Zwischen den beiden entwickelt sich eine zarte, unkonventionelle Liebesgeschichte.
Der Film erzählt keine lineare Geschichte, sondern ist eher eine lose Sammlung von Episoden, die die Atmosphäre von „Bad City“ und die Dynamik zwischen den Charakteren einfangen.
Besonderheiten des Films
- Visuelle Ästhetik:
Der Film wurde in schwarz-weiß gedreht, was ihm eine zeitlose und stilisierte Optik verleiht. Die Ästhetik erinnert an klassische Film-Noir-Werke und kombiniert diese mit modernen Elementen. - Einzigartiges Setting:
Obwohl der Film auf Persisch gedreht wurde und kulturelle Elemente Irans enthält, wurde er in Kalifornien gefilmt. Die Stadt „Bad City“ ist eine surrealistische, kulturell ambivalente Welt, die sowohl westliche als auch östliche Einflüsse widerspiegelt. - Unkonventionelle Vampirin:
Die Vampirin, die im Abspann nur „Das Mädchen“ genannt wird, ist eine ungewöhnliche Figur. Sie trägt einen schwarzen Tschador, der wie ein Cape aussieht, und gleitet durch die Nacht wie ein Antiheld. Ihre Opfer wählt sie mit moralischem Bewusstsein, wodurch sie fast zu einer feministischen Rächerin wird. - Genre-Mix:
Der Film kombiniert Elemente aus Horror, Romanze, Western und Noir. Die Mischung aus subtilem Horror und tragischem Drama macht ihn schwer einzuordnen, aber genau das macht ihn so einzigartig. - Musik und Atmosphäre:
Der Soundtrack spielt eine zentrale Rolle in der Stimmung des Films. Die Mischung aus westlicher und iranischer Musik trägt zur surrealen Atmosphäre bei. Besonders markant ist die Szene, in der Arash und die Vampirin in ihrem Zimmer sind, begleitet von einer melancholischen Ballade.
Themen und Interpretationen
- Einsamkeit und Isolation:
Die Charaktere in „Bad City“ sind durchweg einsam, von Arash über seinen Vater bis zur Vampirin. Der Film zeigt, wie diese Isolation sie verändert und verbindet. - Feminismus und Macht:
Die Vampirin agiert als eine Art feministisches Symbol, das die patriarchalen Strukturen in „Bad City“ angreift. Sie bestraft Männer, die Frauen unterdrücken oder ausbeuten, und repräsentiert eine stille, aber mächtige Form von Widerstand. - Moral und Gerechtigkeit:
Die Vampirin ist kein typisches Monster; sie ist eine moralische Figur, die die Bösen bestraft und manchmal den Schwachen hilft. Ihre Opfer werden nicht willkürlich gewählt, sondern basieren auf einem eigenen, aber komplexen Moralkodex. - Kulturelle Identität:
Der Film bewegt sich zwischen iranischer Kultur und westlichem Einfluss. Der Tschador der Vampirin ist gleichzeitig ein Symbol für kulturelle Tradition und eine subversive Umkehrung davon.
Produktion und Hintergründe
- Regiedebüt von Ana Lily Amirpour:
„A Girl Walks Home Alone at Night“ ist Amirpours erster Spielfilm. Die Idee entstand aus einem Kurzfilm, den sie zuvor gemacht hatte. Ihre iranischen Wurzeln und ihre Liebe zu Vampirgeschichten beeinflussten das Projekt maßgeblich. - Drehort und Budget:
Der Film wurde mit einem geringen Budget in Taft, Kalifornien, gedreht, das als Ersatz für die fiktive „Bad City“ diente. - Sprache und Kultur:
Obwohl der Film auf Persisch ist, zeigt er keine spezifischen kulturellen oder religiösen Aspekte Irans, sondern kreiert eine eigene, universelle Welt. - Stilistische Einflüsse:
Der Film ist stark von Jim Jarmuschs minimalistischen Erzählweisen und den visuellen Elementen des Film Noir beeinflusst. Gleichzeitig integriert er Elemente aus Western, Horror und surrealistischen Filmen.
Rezeption
- Kritiken:
Der Film wurde von Kritikern gelobt und als „der erste iranische Vampir-Western“ beschrieben. Seine visuelle Ästhetik, Originalität und die Leistung von Sheila Vand wurden besonders hervorgehoben. - Publikum:
„A Girl Walks Home Alone at Night“ entwickelte sich schnell zu einem Kultfilm, insbesondere in der Indie-Film- und Horrorgemeinschaft. - Auszeichnungen:
Der Film gewann mehrere Preise, darunter auf dem Sundance Film Festival, und wurde auf internationalen Festivals gefeiert.
Fazit
„A Girl Walks Home Alone at Night“ ist ein außergewöhnlicher Film, der die Grenzen des Horrorgenres erweitert. Mit seiner einzigartigen Ästhetik, seiner feministischen Perspektive und seiner surrealen Atmosphäre ist er ein poetischer und hypnotischer Beitrag zum modernen Vampirfilm. Der Film ist sowohl ein visuelles Meisterwerk als auch eine tiefgründige Meditation über Einsamkeit, Moral und Macht.