The Skin I Live In (La piel que habito, 2011)
- Regie: Pedro Almodóvar
- Drehbuch: Pedro Almodóvar, basierend auf dem Roman „Mygale“ von Thierry Jonquet
- Hauptdarsteller: Antonio Banderas, Elena Anaya, Marisa Paredes, Jan Cornet
- Laufzeit: 120 Minuten
- Genre: Psychologischer Horror, Thriller, Drama
- Sprache: Spanisch
Handlung
Dr. Robert Ledgard (Antonio Banderas) ist ein brillanter, aber unethischer plastischer Chirurg, der sich nach dem tragischen Verlust seiner Frau in der Forschung verliert. Seine Frau wurde nach einem Autounfall schwer verbrannt und beging später Selbstmord, als sie ihren entstellten Körper nicht ertragen konnte. Getrieben von Schuld und Obsession entwickelt Ledgard eine künstliche Haut, die widerstandsfähiger gegen Verletzungen und Verbrennungen ist.
In seinem abgelegenen Anwesen hält Ledgard eine mysteriöse Frau namens Vera (Elena Anaya) gefangen, die er als Versuchsperson für seine Experimente benutzt. Vera trägt einen hautengen Ganzkörperanzug, der ihre künstliche Haut schützt, und scheint sowohl physisch als auch psychologisch von Ledgard abhängig zu sein.
Im Verlauf des Films entfaltet sich ein dunkles und erschütterndes Geheimnis: Vera ist nicht die Frau, die sie zu sein scheint. Durch Rückblenden wird offenbart, dass Vera eigentlich Vicente (Jan Cornet) ist, ein junger Mann, der Ledgards Tochter Norma vergewaltigt hat. Nach dieser traumatischen Erfahrung beging Norma Selbstmord, was Ledgard dazu brachte, Vicente zu entführen und durch radikale chirurgische Eingriffe in Vera zu verwandeln – als Akt der Rache und als Teil seiner Obsession, eine perfekte Frau zu schaffen.
Besonderheiten des Films
- Genre-Mix:
„The Skin I Live In“ ist eine Mischung aus psychologischem Horror, Thriller und Drama. Der Film enthält Elemente von Body-Horror, Familienmelodrama und Noir, was ihn einzigartig macht. - Themen und Moral:
Der Film behandelt komplexe Themen wie Identität, Geschlecht, Trauma, Obsession, Macht und Rache. Besonders die erzwungene Geschlechtsumwandlung von Vicente wirft ethische und moralische Fragen auf. - Almodóvars Stil:
Pedro Almodóvar bringt seinen charakteristischen Stil in den Film ein: eine makellose visuelle Ästhetik, intensive Farben und eine emotionale Tiefe, die das Grauen noch verstärkt. - Darstellerische Leistung:
Antonio Banderas liefert eine verstörend kontrollierte und beängstigende Performance als Dr. Ledgard. Elena Anaya beeindruckt mit ihrer subtilen Darstellung von Vera, die gleichermaßen zerbrechlich und stark erscheint. - Symbolik und Metaphern:
Die künstliche Haut, die Ledgard entwickelt, symbolisiert Kontrolle und Manipulation, während Veras Transformation die Themen Identität und Verlust der eigenen Autonomie verkörpert.
Thematische Tiefe und Interpretationen
- Frankenstein-Motiv:
Der Film kann als moderne Version von Mary Shelleys Frankenstein gesehen werden. Ledgard spielt Gott, indem er die Kontrolle über Veras Körper und Identität übernimmt, was letztlich zu seiner eigenen Zerstörung führt. - Identität und Körperlichkeit:
Veras erzwungene Transformation stellt Fragen zur Beziehung zwischen Körper und Identität. Was macht uns zu dem, was wir sind? Kann Identität durch äußere Veränderungen manipuliert werden? - Rache und Moral:
Ledgards Rache an Vicente ist extrem und grotesk. Der Film zeigt, wie Rache nicht nur das Opfer, sondern auch den Täter entmenschlicht. - Geschlechterrollen und Macht:
Durch die Geschlechtsumwandlung wird Vicente nicht nur seines Körpers beraubt, sondern auch seines männlichen Privilegs. Die Dynamik zwischen Ledgard und Vera spiegelt Machtmissbrauch und patriarchale Kontrolle wider.
Produktion und Hintergrund
- Inspiration:
Der Film basiert lose auf Thierry Jonquets Roman Mygale (auf Englisch Tarantula). Almodóvar adaptierte die Geschichte und fügte eigene stilistische und narrative Elemente hinzu, um sie mehr auf psychologische und emotionale Themen zu fokussieren. - Drehorte:
Der Film wurde in Spanien gedreht, wobei das Anwesen von Ledgard als zentrales Setting dient und eine isolierte, fast klaustrophobische Atmosphäre schafft. - Musik:
Der Soundtrack von Alberto Iglesias verstärkt die emotionale Intensität und die unheimliche Atmosphäre des Films.
Rezeption
- Kritische Anerkennung:
„The Skin I Live In“ wurde von Kritikern weltweit gelobt, besonders für Almodóvars Regie, die visuelle Gestaltung und die schauspielerischen Leistungen. Einige fanden die Handlung jedoch zu verstörend oder moralisch ambivalent. - Publikum:
Der Film polarisierte die Zuschauer. Viele bewunderten seine künstlerische Qualität und narrative Kühnheit, während andere mit der düsteren Thematik und den ethischen Implikationen haderten. - Auszeichnungen:
Der Film wurde mehrfach ausgezeichnet, darunter der BAFTA für den besten fremdsprachigen Film. Er wurde auch in Cannes 2011 gezeigt und erhielt dort begeisterte Kritiken.
Fazit
„The Skin I Live In“ ist ein meisterhaft inszenierter, aber zutiefst verstörender Film, der die Grenzen von Horror und Thriller auslotet. Mit seiner thematischen Tiefe, den hervorragenden Darstellerleistungen und Almodóvars unverwechselbarem Stil ist er ein intensives Kinoerlebnis, das lange nachwirkt.